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Projekt/Auftrag:

Erstellung der Expertise in Zusammenarbeit mit der Wert.Arbeit GmbH

Auftraggeber:

Wert.Arbeit GmbH

Datum/Zeitaum:

2014

Beschreibung:

Die Expertise betrachtet den Berliner Einzelhandel näher und beschreibt die Entwicklungen und Herausforderungen der Beschäftigungssituation. Dem Wandel von Arbeitszeiten und den Folgen insbesondere für die Arbeitszeitgestaltung wird in diesem Kontext besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei zeigt sich, dass vor allem die Kluft zwischen den an den zeitlichen Präferenzen der Kundinnen und Kunden orientierten verlängerten Ladenöffnungszeiten und den Arbeitszeiten der Beschäftigten eine Herausforderung darstellen. Die Arbeitszeitbedingungen im Einzelhandel weichen zunehmend von der „Normal- oder Standardarbeitszeit“ ab, hin zu atypischen und sozial ungünstigen Arbeitszeiten (z. B. Wochenend- und Nachtarbeit). Für die Beschäftigten ergeben sich durch die erhöhten Anforderungen an das Matching von Beruf und Privatleben erhebliche Belastungen. Die mit Wettbewerb- und Preisdruck begründete Orientierung an den Nachfragezeiten bedingt zudem einen zunehmenden Flexibilisierungsprozess im Einzelhandel, der die Expansion atypischer Beschäftigungsverhältnisse fördert. Vollzeitstellen werden zugunsten prekärer und geringfügiger Beschäftigung abgebaut. Bei dieser reaktiven Anpassungsstrategie von Unternehmen wird den Anforderungen an Flexibilisierung mit der Erhöhung des quantitativen zulasten des qualitativen Beschäftigungsvolumens begegnet. Die Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse hat dabei wesentliche Folgen für die sozialen Sicherungssysteme und ist mit sozialen Risiken sowie hohen finanziellen und psychischen Belastungen
für die Mitarbeiter*innen verbunden. In der Möglichkeit des jederzeitigen „Abrufs“ sowie in dem unregelmäßigen und nicht planbaren Arbeitseinsatz finden sich weitere Stressfaktoren. Die durch knapp kalkulierte Personalressourcen oft verursachte Arbeitshetze in der Ausübung häufig monotoner Tätigkeiten und mangelnde Wertschätzung ergänzen das Bild von der Beschäftigungssituation im Einzelhandel.

Das hohe Belastungsempfinden ist ursächlich für erhebliche negative Folgen sowohl für die Effizienz der Arbeit und die Dienstleistungsqualität als auch für die Lebensqualität und Gesundheit. Vor diesem Hintergrund gilt es, veränderte betriebliche Strategien zur Abwendung von Gesundheitsschädigungen durch menschengerechte Gestaltung von Arbeitszeit, Arbeitsorganisation und Arbeitsinhalt im Sinne des sozialen Arbeitsschutzes zu fordern. Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei Maßnahmen ein, die ein Gleichgewicht zwischen Leistungsfähigkeit und einer an den Lebensphasen orientierten Arbeitszeitgestaltung herstellen sowie das positive menschliche Miteinander im Arbeitsalltag berücksichtigen und fördern. Betriebliche Akteurinnen und Akteure sind dafür zu gewinnen, diese Maßnahmen auf Unternehmensebene zu implementieren. Um für diese Thematik zu sensibilisieren, aber auch um Hilfestellungen bei der Einleitung sowie praxisnahen und realisierbaren Umsetzung zu geben, bedarf es insbesondere dem Handeln der überbetrieblichen Akteurinnen und Akteure.